Vor gut 100 Jahren lebten die Amseln noch so gut wie ausschließlich in den Wäldern und waren deshalb auch recht ängstlich dem Menschen gegenüber. Das hat sich grundlegend geändert. Die Amseln sind wahrscheinlich die Vögel, die zusammen mit den Blaumeisen am häufigsten an den winterlichen Futterstellen anzutreffen sind. Eben weil sie ihren Lebensraum auf Dörfer und auch auf Städte ausgedehnt haben, kommen sie jetzt natürlich zwangsläufig mit dem Menschen in Berührung und nehmen den gedeckten Tisch, den sie angeboten bekommen, liebend gerne an.
Nicht alle Amseln bleiben im Winter bei uns. Teilzieher heißen die Vogelarten, von denen nicht der komplette Bestand in wärmere Gefilde zieht, während es bei uns kalt und ungemütlich wird. Je weiter nördlich sie in Europa leben, desto mehr Amseln brechen im Oktober auf zu ihrer Reise nach Südeuropa oder Nordafrika, um im Februar bzw. im März wieder zurück zu kommen. In Süd- und Mitteldeutschland bleiben jedoch die meisten Amseln hier, zumal sie durch die häufig vorkommende Winterfütterung so gut wie keinen Nahrungsmangel erleiden müssen. Einen Vorteil hat die Standortüberwinterung noch: Im Frühjahr stehen den Hiergebliebenen die besten Revier- und Brutplätze zur Verfügung, gemäß dem Motto: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Die Heimkehrern müssen sich mit den Plätzen begnügen, die übrig sind.
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Amseln gehören zu den Weichfressern mit langen dünnen Schnäbeln. Während sie sich im Sommer vorwiegend mit tierischer Nahrung, wie Würmer, Insekten und Schnecken versorgen, sind sie im Winter gezwungen, ihren Speiseplan umzustellen. Dann bevorzugen sie Haferflocken, Beeren und Obst. Amseln sieht man oft auf dem Boden unterhalb der Futterstelle herum hüpfen. Sie lesen dabei alles auf, was andere herunter geworfen haben. Liebend gerne knabbern sie zwischendurch an einem halbierten Apfel. Unter das Futter gemischte Rosinen sind für Amseln ein besonderer Leckerbissen.
Die Geschlechter sind vom Aussehen her total unterschiedlich. Nur das Männchen ist tief schwarz mit einem auffällig gelben Ring um das Auge. Auch der Schnabel trägt dieses leuchtende Gelb, das schon leicht ins Orangefarbene geht. Die Weibchen sind dagegen recht unscheinbar, wie oftmals bei Vögeln üblich. Das Federkleid der Amselfrau ist dunkelbraun, wobei die Brust und die Kehle grau bzw. rötlichbraun gemustert sind. Der Schnabel ist in einem unauffälligen Beige bzw. hellen Braun.
Die Nächte verbringen die Amseln in Hecken und Büschen oder auf einem Baum. Wir Menschen dürfen es mit den Vögeln allerdings nicht gar zu gut meinen, was heißen soll, dass die Fütterung rechtzeitig wieder eingestellt werden muss. Auch die Amsel ist bequem und würde sich im Frühjahr noch am bereit gestellten Futter laben. Doch für ihre Gesundheit ist es dienlicher, wenn sie bei entsprechender Witterung wieder tierische und somit eiweißreiche Kost zu sich nimmt, die die Natur für sie bereit hält.
Ich habe von November bis jetzt auf unserem Balkon Singvögel gefüttert. Die Meisen, hauptsächlich Blaumeisen, bedienten sich im Futterhäuschen mit Erdnussbruch, die Sperlinge und andere Finkenvögel bevorzugten geschälte Sonnenblumenkerne. Für Amseln und Rotkehlchen hatte ich auf dem Boden eine Schale mit Haferflocken und Rosinen aufgestellt. Gestern landete auf dem Balkongeländer eine Amsel, die einen Wurm im Schnabel trug. Da ich in der geöffneten Tür stand, drehte sie wieder ab. Heute Morgen fand ich neben der Futterschale zwei Stücke eines Regenwurms.
Dazu habe ich eine Frage: Ist es denkbar, dass eine Amsel sich auf diese Weise für die Fütterung im Herbst und Winter „bedanken“ wollte? Ich komme darauf, weil Katzen den Menschen, die sie mögen, gelegentlich auch eine Maus vor die Tür legen.